Mundpflege
Ein in der Praxis häufig vernachlässigtes Thema ist die Mundpflege. In diesem Artikel erfahren Sie, worauf besonders zu achten ist und wie man z. B. das Zähneputzen bei bettlägerigen Personen erleichtert. Das Ziel der Mundpflege ist zum einen Plaque und Karies, und somit Zahnfleischentzündung etc., vorzubeugen, aber auch die Mundschleimhaut gesund zu halten. Ein mindestens genauso wichtiges Ziel ist die Beseitigung eines unangenehmen Geschmacks und Mundgeruchs. Dies ist insbesondere für das subjektive Wohlbefinden entscheidend.
Zeitpunkt der Reinigung
Viele Menschen haben direkt nach dem Aufstehen das Bedürfnis, sich die Zähne zu putzen. Diesem Wunsch sollte, wenn möglich, nachgekommen werden. Zahnärzte empfehlen die Zähne min. 3x täglich zu putzen, am besten nach jeder Mahlzeit. Diese neue Gewohnheit wird von vielen, insbesondere älteren, Menschen allerdings selten akzeptiert. Eine gründliche Reinigung morgens und abends sollte aber auf jeden Fall erfolgen. Nach dem Verzehr von säurehaltigen Lebensmitteln (z. B. Orangen oder Ananas), empfiehlt es sich mit dem Zähneputzen 30 Minuten zu warten, da der Zahnschmelz aufgeweicht wird und dann leicht beschädigt werden kann.
Nach dem Erbrechen sollte immer eine intensive Mundpflege erfolgen.1
Durchführung der Zahnreinigung
Es kann eine normale oder elektrische Zahnbürste oder eine Superbrush verwendet werden, welche sich insbesondere für Personen mit eingeschränkter Motorik eignet. Eine Superbrush ist eine Zahnbürste mit insgesamt drei Bürstenflächen, welche den gesamten Zahn umschließen. Somit geht die Reinigung einfacher und schneller. Sollten Sie die Reinigung komplett übernehmen, empfiehlt es sich, nur Zahnbürsten mit weichen Borsten zu verwenden, um die Verletzungsgefahr zu minimieren. Weitere nützliche Hilfsmittel können Vergrößerungsspiegel, zusätzliches Licht und eine Griffverstärkung sein.
Praxistipps
selbstgemachte Hilfsmittel→Die genannten Hilfsmittel gibt es im Fachhandel, Sie können aber auch zunächst zu Hause Folgendes probieren, um eine eigenständige Zahnpflege zu ermöglichen:
- Stecken Sie die Zahnbürste durch einen Fahrradgriff oder durch einen durchbohrten Tennisball
- Befestigen Sie den Stiel einer zweiten Zahnbürste mittels Klebeband an der eigentlichen Bürste
- Kürzen Sie den Stiel und befestigen Sie Klettband am verbleibenden Ende. Mit dem Klettband kann die Zahnbürste dann als Verlängerung des Fingers genutzt werden
- Bei eingeschränkter Bewegungsfähigkeit des Armes verlängern Sie die Zahnbürste, in dem Sie sie mittels Klebeband an einem Stock oder einer zweiten Zahnbürste befestigen2
Hilfestellung beim Zähneputzen
Setzen Sie die betroffene Person vor das Waschbecken oder richten Sie sie im Bett auf. Legen Sie ein Handtuch über den Oberkörper, bereiten Sie die Zahnbürste vor und reichen Sie diese dem Pflegebedürftigen. Füllen Sie auch einen Becher mit Wasser zum Ausspülen. Im Bett erfolgt das Ausspucken des Spülwassers in eine Schüssel oder Nierenschale.
Vollständige Übernahme
Halten Sie dabei den Kopf und Unterkiefer fest, indem Sie von hinten um den Betroffenen greifen.
Beginnen Sie zuerst mit den hinteren Zähnen, da hierdurch der Speichelfluss angeregt wird.3 Setzen Sie die Zahnbürste schräg an und putzen Sie vom Zahnfleisch nach unten. Die Kauflächen können Sie schrubben. Die Reihenfolge ist Kaufläche-Außenfläche-Innenfläche. Ergänzend können Sie Zahnseide oder Interdentalbürsten verwenden.4 Beachten Sie, dass die meisten Menschen desorientiert sind, wenn eine vollständige Übernahme der Zahnpflege erforderlich ist. Da diese Personen nicht wissen, was mit ihnen geschieht, verschließen sie reflexartig den Mund. Gewöhnen Sie den Betroffenen langsam an diese Maßnahme, bis er Vertrauen in die Berührungen hat und die Mundpflege zulässt.5
Zähneputzen ist nicht möglich
Dies kommt besonders häufig vor, wenn die betroffene Person keine feste Nahrung mehr zu sich nimmt und bspw. über eine Magensonde ernährt wird. Dadurch verringert sich auch der Speichelfluss, weshalb es häufig zu Mundtrockenheit kommt. Eine ausreichend Flüssigkeitszufuhr ist daher sehr wichtig.
Wischen Sie den Mund mindestens zweimal täglich mit einem getränkten Tupfer aus. Achten Sie darauf, dass dieser nicht zu nass ist, damit die Gefahr des Verschluckens vermindert wird. Den Tupfer können Sie entweder um den Finger wickeln oder mittels einer Klemme benutzen. Als Flüssigkeit empfiehl sich Kamillen- oder Salbeitee, aber auch spezielle Lösungen. Wichtig ist, dass der Betroffene den Geschmack akzeptiert, da anderenfalls die Maßnahme verweigert wird.
Tragen Sie zusätzlich mit dem Finger einmal täglich entweder fluoridhaltiges oder chlorhexidinhaltiges Gel auf (im wöchentlichen Wechsel). Durch die Trockenheit ist auch die Lippenpflege sehr wichtig. Cremen Sie diese bspw. mit Vaseline oder anderen fettenden Produkten ein.6
In der Praxis werden manchmal auch spezielle Stäbchen, oft mit Zitronengeschmack, zur Befeuchtung des Mundes empfohlen. Allerdings ist deren Verwendung eher kontraproduktiv, da sie den Zahnschmelz angreifen und die Mundschleimhaut austrocknen.7 Zudem kann es brennen, sollten kleinere Verletzungen im Mund vorhanden sein. Häufig kommt es bei Personen ohne Mundpflegemöglichkeit auch zur Borkenbildung oder zur Entzündung der Ohrspeicheldrüsen.
Zahnschmerzen oder Verletzungen erkennen
Kontrollieren Sie regelmäßig mit einer Taschenlampe den Mundinnenraum. Vor allem bei Personen, bei denen keine verbale Kommunikation mehr möglich ist, kommt dieser Maßnahme große Bedeutung zu. Achten Sie insbesondere darauf, dass Lippen, Zunge, Schleimhäute und Zahnfleisch feucht, rosig und ohne Verletzungen sind. Auch der Speichel sollte vorhanden sein und eine wässrige Konsistenz aufweisen. Achten Sie ggf. auch auf die Stimme und das Schluckverhalten.
Weiterhin sollte der Zahnarzt mind. zweimal im Jahr zum Hausbesuch kommen, um eine professionelle Kontrolle durchzuführen. Ebenso ist der Zahnarzt zu rufen, wenn der Betroffene mutmaßliche Schmerzen erleidet, die Ursache aber unklar ist.8 Viel zu selten wird in dem Fall an Zahnschmerzen gedacht.
Lesen Sie ergänzend auch einen Artikel zum Thema die richtige Pflege bei Nutzung einer Zahnprothese.
Besonderheiten bei Demenz
In dieser Situation ist es wichtig, bereits vertraute Abläufe nicht zu verändern. Aufgrund der abnehmenden Merkfähigkeit werden Sie bereits zu Beginn der Erkrankungen an das Zähneputzen erinnern müssen. Das Putzen als solches ist aber oftmals noch selbstständig möglich. Ebenso sollten bereits vertraute Pflegeutensilien zum Einsatz kommen, welche sich möglichst immer an derselben Stelle befinden. Eine elektrische Zahnbürste beispielsweise kann zur Verunsicherung und letzten Endes auch zur Verweigerung der Zahnpflege führen.
Da für demenziell erkrankte Personen das Vertraute so wichtig ist, sollten auch beim Einzug in ein Pflegeheim anfangs bereits vertraute Personen anwesend sein, die Abläufe nicht geändert werden und am besten die eigenen Utensilien von zu Hause zum Einsatz kommen.9
Quellen:
9Hammerla, Monika (2014): 100 Tipps zur Mund- und Zahnpflege bei Pflegebedürftigen. Bedürfnisse erkennen. Qualitativ hochwertig pflegen. Effektiv vorbeugen. 1. Aufl. s.l.: Schlütersche (Brigitte Kunz Verlag – Pflege Leicht).
7Hofer, m. et al. (2008): Leitlinie Mundpflege. Südtiroler Sanitätsbetrieb, Amt für Ausbildung des Gesundheitspersonals, Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana, Landesberufsverband der Krankenpflege.
2+6Junge, J. et al. (2002): Handbuch der Mundhygiene. Zähne Zahnfleisch Alter Krankheit. Bundeszahnärztekammer.
5Kamphausen, U. (2008): Prophylaxen in der Pflege. Anregungen für kreatives Handeln. 4., überarb. und erw. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer (Pflege kompakt).
3+8Michalke, C. (2001): Pflegetheorie und -praxis. München [u.a.]: Urban & Fischer (Altenpflege konkret).
4Strauss, B. u. Bausback-Schomakers, S. (2013): Zahn-und Mundpflege in der Pflege. Ein Skript zur Schulung in der Ausbildung. Zentrum der Zahn-,Mund-und Kieferheilkunde der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main, Amt für Gesundheit Frankfurt am Main Abteilung Zahnmedizin. Frankfurt/Main.
Bild: Peggy Zimmermann(21.09.2015), Zahnputzutensilien
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