Die Vorsorge-/Generalvollmacht
Die Vorsorgevollmacht erfüllt den Zweck, dass im Falle der eigenen Entscheidungsunfähigkeit eine Person beauftragt werden kann, stellvertretend für jemanden tätig zu werden. Ein häufiger Irrtum ist, anzunehmen, dass Ehepartnern oder Kindern automatisch dieses Recht zusteht.
Liegt keine Vorsorgevollmacht vor, wird vom Betreuungsgericht ein gesetzlicher Betreuer bestimmt. Auf das Thema wird in dem Artikel „gesetzliche Betreuung/Betreuungsverfügung” näher eingegangen. Die Generalvollmacht hingegen gilt unabhängig von der Entscheidungsfähigkeit des Vollmachtgebers, sie stellt also eine Totalstellvertretung dar.1
Die Vorsorgevollmacht kann folgende Bereiche umfassen: Post- und Fernmeldegesetz, Todesfall, Behörden- und Ämtervertretung, Aufenthalts- und Wohnungsangelegenheiten, Gesundheitssorge, Pflegebedürftigkeit, Vermögensverwaltung oder Rechtsgeschäfte in Vermögensangelegenheiten sowie eine Vertretung vor Gericht. In Bezug auf den Bereich Gesundheitsvorsorge sei darauf hingewiesen, dass das Recht, in lebensbedrohliche Operationen oder in Unterbringungen einzuwilligen explizit erteilt werden muss. Bei solchen Entscheidungen muss trotzdem zusätzlich immer die Genehmigung des Betreuungsgerichtes eingeholt werden.2
Der Kontrollbevollmächtigte
Da die Erteilung der Vorsorgevollmacht ein sehr hohes Vertrauen in die bevollmächtigte Person voraussetzt, kann die Vorsorgevollmacht auch nur für bestimmte Bereiche erteilt oder ein Kontrollbevollmächtigter bestellt werden. Dies kann, und das ist zu empfehlen, auch eine neutrale Person sein, z.B. ein Rechtsanwalt oder Steuerberater.
Dieser hat dann die Aufgabe, zu kontrollieren, ob Ihre Anweisungen an den Bevollmächtigten auch tatsächlich eingehalten werden, etwa wenn Sie festgelegt haben, dass der Besuch bestimmter Personen nicht unterbunden werden darf. Ebenso können Sie bestimmte Handlungen von seiner Zustimmung abhängig machen, z.B. den Einzug in ein Pflegeheim. Je genauer die Vorgaben sind, desto besser kann der Kontrollbevollmächtigte die Einhaltung Ihrer Wünsche kontrollieren.3
Ein Kontrollbevollmächtigter kann ebenso auch dem Schutz des Bevollmächtigten dienen, da dieser gegenüber den Erben eine Auskunfts- und Rechenschaftspflicht hat. Dies kann problematisch werden, wenn es mehrere Erben (z.B. Kinder) gibt und nur einer davon sich um den Vollmachtgeber gekümmert hat.
Mitunter verlangen die Miterben anschließend einen detaillierten Nachweis über die Geldausgaben der letzten Jahre. Kann der Bevollmächtige dies anhand von Kontoauszügen o.ä. nicht nachweisen, haftet dieser im Zweifelsfall mit seinem Privatvermögen. Der Kontrollbevollmächtigte kann daher einmal jährlich die finanzielle Situation prüfen und eine Entlastungserklärung ausstellen, sollten keine Verstöße vorliegen. Damit ist die Rechenschaftspflicht für das Abrechnungsjahr erledigt.4
Damit der Kontrollbevollmächtigte seiner Aufgabe ordnungsgemäß nachgehen kann, sollten Sie ihm folgende Rechte einräumen: „Recht auf Auskunft und Rechnungslegung, jährliches Prüfungsrecht der Rechnungslegung, Entscheidungskompetenz über ein mögliches Abweichen, Recht zum Widerruf der Vollmacht bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, Geltendmachen von Schadensersatzansprüchen zugunsten des Vollmachts- bzw. Auftragsgebers sowie Recht, die Dinge herauszuverlangen oder geltend zu machen, die der Bevollmächtigte zur Auftragsführung erhalten hat.“
Es kann auch festgelegt werden, dass der Kontrollbevollmächtigte erst bei konkreten Hinweisen auf einen möglichen Missbrauch tätig wird, allerdings sollte er auch handeln dürfen, sofern er es für angebracht hält oder seine Zustimmung notwendig ist.5
Innenvollmachten
Möglich ist auch, sogenannte Innenvollmachten zu erteilen, d.h. es werden genaue Handlungsanweisungen für bestimmte Situationen vorgegeben (z.B. bekommen die Enkelkinder zum 18. Geburtstag einen Betrag X geschenkt). Formal gesehen muss die Vorsorgevollmacht, ebenso wie die Patientenverfügung, schriftlich verfasst und von der betroffenen Person unterschrieben und mit Ort sowie Datum versehen worden sein. Es müssen Name, Anschrift und Geburtsdatum des Vollmachtgebers, außerdem Name, Anschrift und Telefonnummer des Vollmachtnehmers angegeben werden.
Eine notarielle Beurkundung ist in Bezug auf Grundstücksgeschäfte- und Unternehmensgeschäfte sowie zur Kreditaufnahme zwingend notwendig. Um sicherzugehen, dass die Vollmacht im Ernstfall anerkannt wird, sollte diese möglichst auch vom Bevollmächtigten unterschrieben und öffentlich beglaubigt worden sein. Eine günstige Möglichkeit (10€) sind die Betreuungsämter vor Ort. Im Unterschied zur öffentlichen Beglaubigung bestätigt eine notarielle Beglaubigung nicht nur Ihre Unterschrift, sondern auch Ihre Geschäftsfähigkeit. Daher gilt diese als besonders rechtssicher.
Wichtig ist, genau festzulegen, in welchen Fällen die Vorsorgevollmacht in Kraft tritt. Formulierungen wie „bei Geschäftsunfähigkeit“ bedeuten, dass vorher erst ein ärztliches Gutachten erstellt werden muss. Diese Feststellung hat sich in der Praxis als schwierig erwiesen, weshalb das Knüpfen an Bedingungen eher kritisch gesehen wird. Es empfiehlt sich, eher eine Generalvollmacht auszustellen.
Bestimmen Sie lieber im Rahmen einer Innenvollmacht, dass der Bevollmächtigte die Vorsorgevollmacht erst nutzen darf, wenn Ihre Entscheidungsfähigkeit nicht mehr vorhanden ist.6 Ob die Gültigkeit der Vorsorgevollmacht auch nach dem Tod aufrechterhalten wird, ist von der Ausgestaltung abhängig. Sie können festlegen, dass die Vollmacht nach dem Tod endet oder auch danach bestehen bleibt.
transmortale Vorsorgevollmacht
Die sogenannte transmortale Vorsorgevollmacht hat den Vorteil, dass organisatorische Angelegenheiten, z.B. die Beerdigung oder die Wohnungsauflösung direkt erledigt werden können, ohne dass möglicherweise Monate auf einen Erbschein oder Testamentsvollstrecker gewartet werden muss. Allerdings dürfen die Erben diese transmortale Vollmacht widerrufen. Um dies zu verhindern, kann das Erbe an die Bedingung geknüpft sein, einen Widerruf zu unterlassen. Der gesetzliche Pflichtteil lässt sich jedoch nicht verweigern. Daneben gibt es auch die postmortale Vollmacht. Der Unterschied ist, dass die transmortale Vollmacht schon zu Lebzeiten Gültigkeit hat, wohingegen die postmortale Vollmacht erst nach dem Tod einsetzt.7
Da der Bevollmächtigte nicht verpflichtet ist, diese Aufgabe letzten Endes auch wirklich zu übernehmen oder er verhindert sein kann, sollte eine Ersatzperson benannt werden, um eine gesetzliche Betreuung zu vermeiden. In der Praxis kommt es oft vor, dass der Ersatzbevollmächtigte nicht anerkannt wird und er erst nachweisen muss, dass der Bevollmächtigte tatsächlich verhindert ist. Deshalb sollte die Vollmacht mehrere Personen gleichberechtigt benennen und darauf verweisen, dass derjenigen handeln darf, welcher ein Original vorlegt. Die Reihenfolge der Zuständigkeit regeln Sie anschließend im Rahmen einer Innenvollmacht. Ebenso darf der Bevollmächtige an weitere Personen Untervollmachten erteilen, um die Angelegenheiten zu regeln. Möchte man dies vermeiden, sollte dies ausdrücklich abgelehnt werden.8 Eine kostenlose Beratung zur Erstellung sowie Unterstützung bei der Wahrnehmung einer Vorsorgevollmacht leisten die Betreuungsämter vor Ort.
Aufbewahrung der Vollmacht
Bedenken Sie, dass der Bevollmächtigte nur handeln darf, wenn er im Besitz des Originaldokumentes ist. Da es vorkommen kann, dass ein Original auf dem Postweg vorgelegt werden muss oder manche Geschäftspartner das Original in ihre Unterlagen aufnehmen, sollten Sie jedem Bevollmächtigten mindestens drei Originale ausstellen. Vermerken Sie aber, z.B. in der Vollmacht, wie viele Originale im Umlauf sind. Ist die Vollmacht beim Notar hinterlegt, besteht der Vorteil, auch zu einem späteren Zeitpunkt weitere Ausfertigungen erhalten zu können. Davon unabhängig sollte dennoch möglichst immer erst eine Kopie vorgelegt werden, auch wenn das Original verlangt wird.9
Damit auch im Notfall die Existenz einer Vorsorgevollmacht bekannt ist, empfiehlt es sich, diese beim Zentralen Vorsorgeregister zu hinterlegen. Dies kann sowohl online als auch auf dem Postweg erfolgen. Die Kosten belaufen sich auf einmalig auf 13€ beim Lastschriftverkehr, andernfalls sind 15,50€ zu zahlen. Werden mehrere Personen als Bevollmächtige angegeben sind pro Person 2,50€ zu entrichten. Auf dem Postweg kommen zusätzlich 3€ und pro weiterer Person zusätzlich 0,50€ hinzu.10
Lassen Sie die Dokumente beim Notar beglaubigen, wird er Sie wahrscheinlich auch auf das Register hinweisen und die Registrierung für Sie übernehmen. Hier kommen Sie direkt auf die Seite der Register, um sich noch weiter zu informieren.
Möchte man keine Vorsorgevollmacht erstellen oder hat niemanden, der diese übernehmen möchte, kann als Ersatz eine Betreuungsverfügung erstellt werden. Außerdem ist eine Betreuungsverfügung, auch ergänzend zur bestehenden Vorsorgevollmacht, empfehlenswert.
Kurz zusammengefasst:
- Unterschrift auch vom Bevollmächtigten
- Mehrere Originale aushändigen und Anzahl vermerken
- Separate Vollmachten bei den Banken hinterlegen
- Beglaubigung/Beratung und Unterstützung beim Betreuungsamt
- Ersatzbevollmächtigten in der Innenvollmacht als solchen benennen
- Individuelle Handlungsanweisungen durch Innenvollmachten
- Kontrollbevollmächtigten berufen
- Vorsorgevollmacht beim Zentralen Vorsorgeregister hinterlegen lassen
Quellen:
5Bonefeld, M. (2008): Die Vorsorgemappe. Mit Patientenverfügung, Vorsorgevollmachten und Testamenten ; [mit Musterformularen zum Ausfüllen und Heraustrennen, alle wichtigen Dokumente für Ihre Notfallakte]. 2. Aufl. Freiburg i. Br.: Haufe.
8Enzensberger, F. u. Maulbetsch, T. (2006): Vorsorgegestaltung. Patientenverfügung – Vorsorgevollmacht – Betreuungsverfügung: [mit Mustern und Formulierungsbeispielen für Vorsorgevollmachten, Patienten-, Betreuungs- und Organspendeverfügungen ; mit allen Neuregelungen des 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes ; auf CD-ROM: Mustervollmachten und -verfügungen sowie Gesetze und Urteile]. Freiburg i. Br. u.a.: Haufe.
1+2Geckle, G.; Bonefeld, M. (2013): Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. 4. Aufl. aktu. u. überar. Bad Langensalza: Haufe; Haufe-Lexware.
7Greszat, S. (o.J.): Transmortale Vollmacht. Online verfügbar unter http://www.erbrecht-heute.de/Vorsorge/Transmortale-Vollmacht.html, zuletzt geprüft am 15.07.2015.
4Kierig, F.O. u. Behlau, W. (2011): Der Wille des Patienten entscheidet. Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Behandlungsabbruch. Heidelberg u.a.: C.F.Müller ([Heidelberger Kommentar zum Betreuungs- und Unterbringungsrecht]).
9Nordmann, H. (2008): Meine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Keine Frage offen. München [u.a.]: Haufe.
6Verbraucherzentrale Bundesverband [Hrsg.] (2008): Kurzinformationen zur Pflegeberatung. Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung Patientenverfügung. Berlin.
2Weber, S. (o.J.): Die Vorsorgevollmacht. Hg. v. Aktion Mensch e.V. Online verfügbar unter https://www.familienratgeber.de/recht/vorsorgevollmacht.php, zuletzt geprüft am 26.07.2015.
10Zentrales Vorsorgeregister (o.J.a): Eintragungsgebühren. Hg. v. Bundesnotarkammer. Online verfügbar unter http://www.vorsorgeregister.de/ZVR-Zentrales-Vorsorgeregister/Kosten/index.php, zuletzt geprüft am 16.07.2015.
Bild: Peggy Zimmermann (2015), ohne Titel
Emmi meint
Meist denkt man erst an die Patientenverfügung, wenn es fast zu spät ist. Ein Bekannter hat sich auch erst vor kurzem eine anlegen lassen. Er entschied sich für eine transmortale Vollmacht.
Anna M. meint
Es ist eine gute Idee, einen Ersatzbevollmächtigten zu benennen. Gerade, wenn der Ehepartner früher verstirbt oder ein Pflegefall wird. Wir möchten uns frühzeitig darum kümmern. Ich habe schon oft erlebt, dass Freunde oder Bekannte keine Vorsorgevollmacht hatten.
Sandra Geier meint
Danke für diese Informationen zur Vorsorgevollmacht. Es stimmt, dass es wichtig ist, dass diese Vollmacht nur gültig ist, wenn das Originaldokument vorliegt. Meine Mutter hat auch meine Oma gepflegt, deshalb hatte sie immer das Dokument dabei.